Die Herausforderungen des Personalbereichs in Kanzleien

Heraus­forderungen des Personal­bereichs in Kanzleien

Alexander Sieben im Gespräch mit Anina Griese-Frahm, die seit dem Jahreswechsel Partnerin bei SIEBEN&PARTNER ist. Frau Griese-Frahm verfügt über langjährige Personal­erfahrungen im Personal­bereich unter­schiedlicher Branchen. Bei SIEBEN&PARTNER erarbeitet sie Rekrutierungs- und Personal­entwicklungs­konzepte und berät Kanzleien bei der Professionalisierung ihres Personal­bereichs.

Mit Deiner Erfahrung aus unterschiedlichen Branchen: Was ist die besondere Herausforderung im HR-Bereich bei Kanzleien?

Kanzleien und mittelständische Steuer- und WP-Gesellschaften beschäftigen besonders spezialisierte und hochqualifizierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ihr Blick richtet sich im Wesentlichen auf die fachlichen Aspekte und die Belange der Mandanten. Führung über die fachlichen Themen hinaus und interne Kommunikation haben häufig nicht die notwendige Priorität. So fühlen sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunehmend schlecht informiert und vermissen eine intensive Begleitung und Unterstützung bei der persönlichen Weiterentwicklung. Nicht selten sind die Unternehmenseinheiten zu klein, um eine Personalleitung mit Personalentwicklungs-Knowhow einzustellen, die diese Interessen der Mitarbeiter mit ausreichend starker Stimme vertritt. Vor diesem Hintergrund leidet die Effizienz und Motivation, die Folge ist eine zu hohe und teure Fluktuation.

Alle reden von Generation Y: Was sind Deine Erfahrungen? Wie gehen Kanzleien damit am besten um?

Wie die Gewinnung von Mandanten befindet sich auch die Gewinnung von leistungsstarkem Personal auf einem Markt von Angebot und Nachfrage. Aktuell ist die Nachfrage größer als das Angebot. Daher muss sich jeder Arbeitgeber noch stärker an den Bedürfnissen der Zielgruppe orientieren. Natürlich unterscheiden sich die Berufseinsteiger von heute stark von denen vor noch 30 Jahren. Umso deutlicher müssen sich auch die Führungsinstrumentarien ändern. Mitarbeiter wünschen sich heute einen viel größeren Gestaltungsspielraum und Mitspracherecht. Sie möchten in die Gedanken und Strategien der Führung eingebunden werden. Feedback sollte nicht nur im jährlichen Mitarbeitergespräch fundiert und sachlich gegeben werden, sondern fortlaufend in der Zusammenarbeit. Der mögliche Karriereweg soll transparent sein und zur persönlichen Weiterentwicklung motivieren. Wer sich als Führungskraft immer wieder in die Perspektive seiner Mitarbeiter versetzt und die richtigen Schlüsse für sein Führungsverhalten zieht und diese umsetzt, ist sicherlich schon auf einem guten Weg. Kanzleiübergreifend einheitliche Programme, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter Rechnung tragen, helfen zusätzlich, konsequent erfolgreiche Personalarbeit zu betreiben.

Ein Rückblick auf Deine Projekte im HR-Bereich mittelständischer Kanzleien im letzten Jahr: Was war die Maßnahme mit der unmittelbarsten Wirkung oder was war der schönste „Quickwin“?

Ganz klar: die Umsetzung einer Rekrutierungsoffensive. Der Bedarf unseres Mandanten an leistungsstarken Mitarbeitern war durch eine überraschend hohe Fluktuation kurzfristig und sehr groß. Da das Budget für breitgestreute Personalmarketingmaßnahmen nicht existierte, haben wir versucht, jeden einzelnen Mitarbeiter verantwortlich zu machen für die Suche nach potenziellen Kollegen auch in seinem Umfeld. Dabei haben wir in kleinen Arbeitsgruppen gemeinsam Ideen entwickelt, wie eine Ansprache wo aussehen kann, welches die besonderen Argumente für die Kanzlei sind und welche Kandidaten am besten zur Kanzlei passen. Die Ergebnisse wurden dann zusammengeführt und durch die Führungskräfte an alle Mitarbeiter weitergegeben. Eine Profis-werben-Profis-Kampagne mit einer kleinen monetären Belohnung für eine erfolgreiche Akquisition sorgte zusätzlich für Rückenwind. Außerdem haben wir einen Leitfaden für Bewerbungsgespräche entwickelt und die Führungskräfte in kurzen Einheiten für die hohe Bedeutung von qualitativ hochwertigen Bewerbungsgesprächen sensibilisiert. Die klassische Überarbeitung des Arbeitgeberauftritts und der Stellenanzeigen war fast nur Beiwerk. Wir haben durch dieses Paket einen Spirit für die Personalgewinnung in der Kanzlei geschaffen. Dieser hat dazu geführt, dass die Besetzung von Vakanzen wesentlich zügiger und weniger kostenintensiv gelang. Das hat nicht nur allen Beteiligten viel Spaß gemacht, sondern vor allem auch für viel positive Energie und Bewegung gesorgt.

Das Interview wurde geführt von

Alexander Sieben ist Diplom Ökonom und Gründungspartner von SIEBEN&PARTNER. Er war lange Jahre in einer namhaften Unternehmensberatung tätig. Dort hat er u.a. den Bereich Marketing und Vertrieb für die Mittelstandsberatung aufgebaut und war im Bereich Business Development tätig. Seine derzeitigen Beratungsschwerpunkte sind Kanzleistrategie, Kanzleimarketing sowie die digitale Transformation von Kanzleien.