Erfolgsfaktor Digitalisierung: Jetzt erst recht!

Die multidisziplinäre Kanzlei Peters, Schönberger & Partner hat als Beitrag zur Bewältigung der aktuellen Krise ein Corona Helpdesk entwickelt und online gestellt. Das hat Alexander Sieben zum Anlass genommen, mit dem Managing Partner Stefan Groß über die Bedeutung der Digitalisierung und die möglichen Auswirkungen der Krise auf den Kanzleimarkt zu sprechen.

 

Peters, Schönberger & Partner (PSP) hat am 1. April mit dem Corona-Helpdesk ein interaktives Tool live geschaltet. Was war die Idee dahinter und welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Stefan Groß:  Mit unserem Corona Helpdesk können User auf Basis einer webbasierten Softwarelösung dialoggestützt die zur Verfügung stehenden Wirtschaftshilfen ermitteln und werden interaktiv durch den Hilfsmaßnahmen-Dschungel geführt. Unsere Motivation kann man so zusammenfassen: Wir fühlen uns dem Mittelstand verpflichtet. Unternehmer und Unternehmen sollen bestmöglich von den Hilfsmaßnahmen zu Corona profitieren können. Das wollten wir bewusst nicht nur unseren Mandanten anbieten, sondern für alle zugänglich machen. Wir haben das Angebot pro bono entwickelt und auch die fortlaufende Aktualisierung sehen wir als unseren Beitrag zur Bewältigung der Krise. Unser Anliegen ist, dass möglichst alle, die das Tool nutzen, gut durch die Krise kommen. Dazu helfen wir gerade auch kleineren Kanzleien für Ihre Mandanten die passende Hilfsmaßnahme zu finden. Und wenn sich daraus in der Zukunft das eine oder Mandat ergibt, weil die Menschen uns positiv in Erinnerung behalten, freut uns das natürlich auch.

 

Es ist jetzt schon absehbar, dass Unternehmen besser durch die Krise kommen, die sich in Sachen Digitalisierung gut aufgestellt haben. Was heißt das aus Ihrer Sicht für die Branche der Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte?

Stefan Groß: Als wir bei PSP das Thema Digitalisierung vor einigen Jahren angestoßen haben, hatte keiner ein solches Szenario im Hinterkopf, wie wir es aktuell erleben. Klar war aber immer, dass wir mit Hilfe der Digitalisierung leistungsfähiger und agiler werden wollten. Die Früchte dieser Arbeit haben sich bereits vor Corona positiv bemerkbar gemacht und jetzt profitieren wir doppelt davon. So sind wir weiter voll handlungsfähig und können unseren Mandanten im virtuellen Modus beratend zur Seite stehen. Von daher bin ich überzeugt, dass die jetzigen Erfahrungen einen deutlichen Digitalsierungsschub in der Kanzleiwelt auslösen werden. Denn viele haben in der Vergangenheit doch eher zögerlich die Digitalisierung vorangetrieben. Es haben zwar alle über Legal Tech respektive Tax Tech geredet. Aber wirklich konkret ins Werk gesetzt worden ist bislang eher wenig. Da gilt es viel nachzuholen. Und für die Kanzleien, die ganz am Anfang stehen, wird es schwer, den Rückstand einzuholen. Denn Tatsache ist: Die mittelständischen Unternehmen sind in Sachen Digitalisierung vielfach deutlich weiter und stellen auch entsprechende Anforderungen an ihre Berater. Ein weiterer Punkt sind die Vorstellungen der Mitarbeiter, was „New Work“ und entsprechende Möglichkeiten des mobilen Arbeitens angeht. Auch hier wird Corona den Trend deutlich verstärken. Was jetzt allerdings überhaupt nicht hilft, ist Aktionismus. Ich empfehle dringend, wenn wieder Normalität einkehrt, das Thema Digitalisierung konzeptionell aufzusetzen. Eine Digitalstrategie für die Kanzlei, eine entsprechende Roadmap und die Ableitung konkreter Aktivitäten muss am Anfang stehen. Denn sonst ist die Gefahr groß, sich zu verzetteln und hinter den Möglichkeiten zu bleiben. Dabei sollte man das Thema Digitalisierung nie isoliert sehen, sondern stets als integralen Teil der Kanzleistrategie insgesamt.

 

Trauen Sie sich schon eine Prognose zu, wie sich der Kanzleimarkt nach der Krise verändern wird?

Stefan Groß: Nach meiner Beobachtung sind die meisten Berater aktuell sehr gut beschäftigt. Es gibt einige Randbereiche, die einen Einbruch verzeichnen werden. Die sicherlich bevorstehende Rezession wird allerdings schon an der einen oder anderen Stelle zu Umsetzrückgängen führen. Wobei wir auch immer sehen müssen, dass wir aus einer Phase kommen, in der wir Teils mehr als Vollauslastung zu verzeichnen hatten. Eine gewisse Bereinigung am Kanzleimarkt könnte dennoch stattfinden und zwar aus zwei Gründen: Zum einen werden es die Kanzleien schwerer haben, die sich in der Vergangenheit zu wenig mit Fragen der Positionierung am Markt oder mit der eigenen Unternehmensentwicklung beschäftigt haben. Das lässt sich nicht von jetzt auf gleich nachholen und sollte gerade die Player mit klarer Strategie und entsprechender Schlagkraft in die Lage versetzen, Marktanteile und gute Mitarbeiter zu gewinnen. Ein weiterer Punkt sind die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung. Dies erfordert eine gewisse kritische Größe – Stichwort Skalierbarkeit. Nicht ausgeschlossen, dass es verstärkt zu Zusammenschlüssen zu größeren Einheiten kommen wird.

 

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Das Interview wurde geführt von

Alexander Sieben

Alexander Sieben ist Diplom Ökonom und Gründungspartner von SIEBEN&PARTNER. Er war lange Jahre in einer namhaften Unternehmensberatung tätig. Dort hat er u.a. den Bereich Marketing und Vertrieb für die Mittelstandsberatung aufgebaut und war im Bereich Business Development tätig. Seine derzeitigen Beratungsschwerpunkte sind Kanzleistrategie, Kanzleimarketing sowie die digitale Transformation von Kanzleien.