Zusammen­schluss von Trinavis und Warth & Klein Grant Thornton

Alexander Sieben im Gespräch mit den beiden Managing Partnern von Trinavis, Heidemarie Wagner und Dr. Jan Merzrath, zum Zusammenschluss von Trinavis und Warth & Klein Grant Thornton.

Der Markt der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer ist in Bewegung, die Tendenz zu größeren Einheiten ist seit einiger Zeit erkennbar. Sie haben den Zusammenschluss mit Warth & Klein Grant Thornton angekündigt. Folgt Trinavis einfach dem Trend oder was waren die Motive?

Heidemarie Wagner: Wir sind in den letzten zehn Jahren kontinuierlich gewachsen und haben uns zu einem Unternehmen mit rund 280 Mitarbeitern entwickelt. Das ist eine Größenordnung, in der wir regelmäßig mit den Next Ten und auch den Big Four Gesellschaften auf der einen Seite sowie kleineren Spezialberatern und Boutiquen auf der anderen Seite im Wettbewerb stehen – also eine klassische Sandwichposition. Wohlgemerkt reden wir hier über eine Erfolgsgeschichte, vor allem wenn man sich in Erinnerung ruft, in welcher Größenordnung die beiden Ursprungskanzleien von Trinavis (Böckmann & Partner / DSUP) unterwegs waren. Jedenfalls haben wir Anfang 2017 im Kreis der Equity-Partner damit begonnen, Aufstellung und Positionierung von Trinavis am Markt selbstkritisch zu durchleuchten, unsere Stärken und Schwächen genau zu analysieren, Marktentwicklungen präziser einzuschätzen, nicht zuletzt die Erwartungen jetziger und zukünftiger Mandanten an uns genauer zu erfassen.

Die klare Zielvorgabe war, in einem strukturierten und zugleich offenen Diskussionsprozess gemeinsam eine verbindliche „Strategie 2025“ zu erarbeiten. So schwierig und anstrengend dieses Unterfangen in vielerlei Hinsicht auch war, heute sind wir froh darüber, dass wir uns dieser Herausforderung gestellt und uns nicht mit Formelkompromissen zufriedengegeben haben.  Als eine zentrale Fragestellung kristallisierte sich immer deutlicher heraus, ob und wie wir weiterhin aus eigener Kraft weiterwachsen können oder ob wir die Zukunftschancen des Unternehmens erheblich verbessern, wenn wir ganz gezielt den Zusammenschluss mit einer größeren Einheit suchen. Es sprach einiges dafür, den eigenen Weg weiter zu gehen, schließlich hatten wir bewiesen, dass wir das können. Im Rahmen der weiteren Diskussion und in der schrittweisen Konkretisierung der Kanzleistrategie wurde aber auch immer deutlicher, dass es einen Kraftakt an verschiedenen Stellen bedeutet, wir aber weiter in der beschriebenen Sandwichposition bleiben würden.

 

Andere Kanzleien suchen Fusionspartner ähnlicher Größenordnung, um sich – wie es dann so schön heißt – auf Augenhöhe zu begegnen. Mit Warth & Klein Grant Thornton haben Sie nun einen Partner gefunden, der um einiges größer ist als Trinavis. Was waren Ihre Überlegungen dahinter?

Dr. Jan Merzrath: Bei einem Zusammenschluss mit einem ähnlich großen Anbieter hätten wir uns in der Lünendonk-Liste weiter im Mittelfeld bewegt. Wir wären rein zahlenmäßig gewachsen, aus eins und eins wäre zwei geworden. Uns war sehr schnell klar, dass unser Weg der Zusammenschluss mit einer der Next Ten- Gesellschaften sein würde. Ein Zusammenschluss mit einer der Big 4 Gesellschaften kam für uns grundsätzlich nicht in Frage, denn wir wollten einen Partner finden, der viele Ähnlichkeiten zu uns aufweist. Die Kriterien hierbei waren unter anderem die Unternehmenskultur, der Umgang miteinander, der fachliche Anspruch und ein möglichst starkes internationales Netzwerk. Mit Warth & Klein Grant Thornton haben wir einen idealen Partner gefunden, der fachlich und menschlich zu uns passt. Wir haben den gleichen Qualitätsanspruch und leben sowohl intern als auch in der Arbeit mit unseren Mandanten dieselben Werte. Wir blicken beide auf eine traditionsreiche Geschichte zurück und unsere Zukunftsvorstellungen sind deckungsgleich.

 

Wenn wir mit Kanzleien an der Entwicklung einer Strategie arbeiten, geht es immer auch um die Abwägung von Chancen und Risiken. Wie fällt Ihre Bewertung zu der Fusion zwischen Trinavis und Warth & Klein Grant Thornton aus?

Heidemarie Wagner: Auch wenn die Chancen klar überwiegen, sind wir uns der Risiken absolut bewusst. Das Hauptrisiko sehen wir in der Post-Merger-Phase. Die sachlichen Argumente sind schnell genannt. Die mit der deutlich verbesserten Position am Markt verbundenen Chancen kann man darlegen, Für und Wider erläutern, Entscheidungen plausibel erklären. Zugleich, das mag in unserer Branche vielleicht noch nicht durchgedrungen sein, reden wir hier über Menschen und emotionale Bindungen an ein Unternehmen, an dessen Geschichte, an persönliche Beziehungen untereinander etc. „Winning hearts and minds“ ist das Stichwort. Es wird entscheidend darauf ankommen, wie wir mit unseren Kollegen auf allen Ebenen kommunizieren. Unsicherheiten und Irritationen werden unweigerlich entstehen, das liegt in der Natur der Sache. Wenn wir aber alle mitnehmen wollen, und genau das wollen wir, dann ist ein Schlüssel dazu die offene, transparente, auf Vertrauen basierende Kommunikation. Das gilt nach innen wie im Außenverhältnis zu unseren Mandanten. Uns ist also vollkommen klar, dass eine erfolgreiche Integration im Wesentlichen „Kommunikationsarbeit“ bedeutet.

Konkret folgt daraus, dass wir auf Ebene der Bereiche und Service Lines verzugslos mit Workshops starten, in denen es neben dem persönlichen Kennenlernen ganz gezielt darum gehen wird, wie wir die jeweiligen Stärken miteinander kombinieren, Arbeitsweisen synchronisieren und vor allem die Marktbearbeitung unter den neuen Vorzeichen intensivieren können. Hier wird sich dann sehr schnell zeigen, dass 1+1 mehr als 2 sein kann. Und wenn wir über Chancen reden, sollten wir daran denken, dass unsere Attraktivität als Arbeitgeber für Berufseinsteiger und erfahrene Kolleginnen und Kollegen deutlich steigt, Berlin wird nach Düsseldorf der zweitgrößte Standort von Warth & Klein Grant Thornton sein, unsere Leistungsportfolien ergänzen sich ideal. Heutige und zukünftige Mandanten können auf ein breites und spezialisiertes Leistungsspektrum zugreifen, wir sind räumlich nah an unseren Mandanten, das hat schon was. Chancen dieser Qualität sollte man nutzen.

 

Der Zusammenschluss ist das konkrete Ergebnis einer anstrengenden Strategiediskussion. Wie sehen Sie diesen Prozess rückblickend?

Dr. Jan Merzrath: Wir haben uns über die Jahre hinweg zwar immer wieder auch mit strategischen Fragen befasst, aber in dieser Diskussion vermischten sich strategische, operative, mandatsbezogene, einzelfall- und personenbezogene Fragestellungen zu sehr. Rückblickend muss ich feststellen, dass es sehr schwierig ist „im laufenden Betrieb“ und neben dem Tagesgeschäft eine Strategie zu entwickeln. Hilfreich war für uns die Strukturierung und Moderation des Strategieprozesses durch SIEBEN&PARTNER. Der unverstellte Blick auf interne Prozesse hilft, um sich auch schwierigen Diskussionen innerhalb der Partnerschaft zu stellen. Durch feste Termine abseits vom Büro haben wir uns Zeit genommen, um unsere Standpunkte und Sichtweisen klar und offen herauszuarbeiten. Wir haben sehr engagiert diskutiert, in der Sache hart gerungen und in der Partnerschaft nach meiner Einschätzung nochmal deutlich besser zueinander gefunden.

 

Haben Sie Lust auf ein abschießendes Statement?

Heidemarie Wagner: Der Blick geht nach vorn.

Dr. Jan Merzrath: Gehen wir an die Arbeit. Es liegt an uns.

 

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Das Interview wurde geführt von

Alexander Sieben

Alexander Sieben ist Diplom Ökonom und Gründungspartner von SIEBEN&PARTNER. Er war lange Jahre in einer namhaften Unternehmensberatung tätig. Dort hat er u.a. den Bereich Marketing und Vertrieb für die Mittelstandsberatung aufgebaut und war im Bereich Business Development tätig. Seine derzeitigen Beratungsschwerpunkte sind Kanzleistrategie, Kanzleimarketing sowie die digitale Transformation von Kanzleien.